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Gewaltfreie Kommunikation – und ja, das ist ein Thema für Personaler

„Hätte ich gar nicht gedacht, dass Du immer sofort zuhaust, wenn es nicht läuft!“- Ich habe sie alle gehört, ich meine alle Kommentare zu dem Thema. Trotzdem lege ich es all denjenigen ans Herz, die sich mit Menschen und Kultur in Unternehmen auseinandersetzen – dazu hier mehr.

07.12.2022


Ausgangssituation

„Gewaltfreie Kommunikation – ist klar, warum nicht gleich Rosinenmeditation. Ist bestimmt genauso sinnbefreit,“ – so oder so ähnlich waren gefühlt 58 Kommentare zu dem Thema. Dabei ist die Gewaltfreie Kommunikation alles, aber ganz bestimmt kein neumodischer Blödsinn. Entwickelt von Marshall B. Rosenberg hat sich die Gewaltfreie Kommunikation längst bewährt – als Hilfe für Vermittler in Krisensituation in aller Welt, als unverzichtbarer Baustein in vielen „Streitschlichter“-Ausbildungen in Schulen und nicht zuletzt als Kommunikationsform, die in Schulen in Problemvierteln in den USA angewandt wird – unter anderem dort ist sie auch entstanden.

Um was es geht

Gewaltfreie Kommunikation – oder auch „die Sprache des Herzens“ – ist viel mehr als nur eine Kommunikationsstrategie.  Sie ist ein Weg zu einem anderen und besseren Miteinander, weil es statt der lebensentfremdenden Kommunikation (auf die wir alle konditioniert sind) eine lebensfördernde,  positive Kommunikation schafft (kurze Zusammenfassung auch in Geo).

Aber was hat das mit HR zu tun? Technisch – überhaupt nichts! Inhaltlich – ganz viel. Die Gewaltfreie Kommunikation verändert den Umgang miteinander. Sie ersetzt Bewertung durch Beobachtung, „Schulmeistern“ durch empathisches Zuhören. Sie ermöglicht es Mitarbeitern, ohne Scham ihre Gefühle zu benennen und ihre Bedürfnisse zu kommunizieren – und das geht weit über den berühmten Tisch-Kicker oder das gemeinsame Mittagessen hinaus. Jeder von uns kennt Besprechungen, in denen viel um den berühmten heißen Brei geredet wird. Lassen Sie uns kurz überlegen, was passiert, wenn wir plötzlich Dinge aussprechen dürfen, wie „Ich fühle mich gerade extrem unsicher, weil ich die genannten Themen nicht wirklich bewerten kann.“ oder auch „Mir ist bewusst, dass ihr in dieser Gruppe schon sehr lange zusammenarbeitet. Mir fehlt die Verbindung zu Euch. Wärt ihr bereit, in den nächsten Minuten gemeinsam mit mir zu überlegen, wie wir das ändern können?“. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie der Satz „Was kann ich tun, damit Du entspannter arbeiten kannst?“ die Situation verändert. Und bitte glauben Sie mir, die Antwort war in den letzten Monaten nie „Indem Du mich in Ruhe arbeiten lässt“.

In meinen Augen sehr spannend ist auch ein Aspekt der gewaltfreien Kommunikation, den ich mit dem Begriff „Autonomie“ bezeichnen möchte. Denn „ich“ bin für „mich“ und meine Gefühle verantwortlich. Und das bedeutet unter anderem, dass ich entscheide, wie ich mit der Reaktion des anderen - die gegebenenfalls auf ein unerfülltes Bedürfnis zurückzuführen ist - umgehe. Eine Person wird mir gegenüber ausfallend – ich entscheide, wie ich damit umgehen möchte und ob ich das Geäußerte an mich rankommen lasse. Um es mit den Worten einer Teamkollegin zu sagen „Michael, es hat unglaublich frei gemacht als mir bewusst wurde, dass nur ich entscheide, wie ich mit dem verbalen Angriff umgehen möchte.“

Ein anderes Beispiel aus dem Beratungsalltag? Wir alle kennen Konflikte im Projekt – ja, auch ich in meinen Projekten. Budgetüberschreitungen, Zeitverzug, Probleme mit der Applikation etc., suchen Sie sich etwas aus. In der Retrospektive kann ich für mich sehr gut erkennen, dass in den allermeisten Eskalationen nicht wirklich Sachthemen die Treiber für die Eskalation waren. Diese gab es auch, aber der Auslöser für die wirklich heftigsten Eskalationen waren tatsächlich Gefühle und Bedürfnisse der Beteiligten. Beispielsweise das Bedürfnis nach Sicherheit, dass in dieser Situation bei meinem Gegenüber nicht erfüllt war. Hätte ich mich in den Situationen bewusst mit diesem Bedürfnis auseinandergesetzt und wäre es offen kommuniziert worden, hätte es die anschließende Eskalation  nicht gegeben. Bedürfnis- und lösungsorientierte Kommunikation macht uns besonders in Konfliktgesprächen wieder handlungsfähig. Sie ist die Brücke zu Verständnis füreinander. Die Befürchtung, dass es esoterisch werden kann, kann ich entkräften. Unser Tun ist immer von Bedürfnissen motiviert, im Privaten wie im Job. Hinter jeder Handlung steckt also ein Bedürfnis und das heißt es, zu erkennen und Möglichkeiten zu finden, es zu befriedigen.   

Ein letztes Beispiel, warum ich es für wichtig halte, dass wir die Bedürfnisse ansprechen, bevor wir uns auf eine Lösung fokussieren, ist das folgende:

Zwei Geschwister streiten sich um eine Orange. Ein Elternteil kommt dazu und möchte den Streit schlichten. Er (oder sie) teilt die Orange in zwei gleiche Hälften. Die Geschwister sind beide enttäuscht. Was das Elternteil nicht wusste: Eines der Geschwister brauchte den Schalenabrieb der ganzen Orange, um einen Kuchen zu backen, und der andere Geschwisterteil benötigte den Saft einer ganzen Orange zum Herstellen einer Limonade. Hätte das Elternteil zunächst die Frage nach den Bedürfnissen gestellt, wäre der Streit schnell zu schlichten gewesen. So bleibt ein frustrierter Streitschlichter und zwei zankende und enttäuschte Geschwister. Ein unglücklicher Ausgang der Situation.

Die Geschichte  mit dem „Wolf“ und der Giraffe

Dass man manchmal nicht aus seiner Haut kann oder aus seinen gewohnten Denkschemen ist nicht schlimm, allerdings sollte man erkennen, dass man gerade nicht optimal handelt.

Was hat das mit Wolf und Giraffe zu tun? Rosenberg sprach immer von der „Wolfssprache“. Das ist die aggressive Art der Kommunikation, mit der wir groß werden. Es muss einen Verlierer und einen Gewinner geben, auf Angriffe reagiere ich mit Gegenangriffen und bestenfalls beiße ich schneller und fester zu als der „Gegner“ – und habe „gewonnen“.

Ganz anders die Giraffe: Sie überblickt die Situation und hat ein großes Herz. Sie ist nicht schnell und hektisch wie der Wolf, sondern sie ist ruhig und vielleicht sogar bedächtig. Aber wie so oft in der Natur, ist sie keinesfalls wehrlos. Und (ein Danke an Susanne Lorenz für das Bild) sie kann mit ihrem Speichel die harten Dornen auflösen und sie damit „verträglich“ machen – übersetzt: sie kann mittels ihrem Wesen und ihrer Art, mit Dingen umzugehen auch schwierige Situationen verstehen und Wege finden, diese für alle verträglich zu lösen.

Mein Vorsatz für das nächste Jahr – ein bisschen mehr Giraffe sein und ein bisschen weniger Wolf.

Vorschlag

Sie haben Lust ein bisschen mehr über die Gewaltfreie Kommunikation zu hören? Es interessiert Sie, was dieses Thema mit der Kultur Ihres Unternehmens zu tun hat und wie es diese Kultur verändern könnte? Wenn Sie Partner der SAP sind, können Sie auf den Partnerseiten der SAP einen Austausch zu dem Thema, den Klaus Mutzeck von der SAP GmbH Deutschland, Vanessa Sallanz von der All for One Steeb Gruppe und ich gemeinsam aufgenommen haben, anschauen. Sie finden das Video auf den Partnerseiten für die SAP SuccessFactors Partner und auf der Sales Partnerseite der SAP SE. Und der Vollständigkeit halber: es stellt unsere eigene Auffassung zu diesem Thema dar, ist also kein klassisches „SAP-Video“. Sie haben keinen Zugriff auf die SAP-Partnerseiten? Dann kontaktieren Sie mich gerne unter michael.kleine-beckel@tserv.de.


Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann kontaktieren Sie mich gerne.

Michael Kleine-Beckel | HR-Experte | Michael.Kleine-Beckel@team-con.de
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